Vor meinen Sternenkinder kannte ich den Unterschied zwischen einem Massengrab und einem Sammelgrab nicht. Für mich war ein Einzelgrab naheliegend, erst als ich das Sammelgrab besucht habe, wusste ich, das ist der richtige Ort für unsere Kinder. Warum meine Sternenkindern nun 5 Orte haben und ich keinen davon mehr zu brauchen glaube, erfahrt ihr im Artikel.
Dieser Artikel ist Teil der Blickwinkel-Reihe für Sternenkinder. Auf eine Frage zu Sternenkindern, viele Antworten. Noch mehr Blickwinkel und was es mit der Reihe auf sich hat, beschreibe ich hier.
Worum geht es?
Was war der Auslöser für diesen Blickwinkel?
Auf die Frage: “Sammelgrab, Einzelgrab oder gar kein Grab für Sternenkinder?” hat mich Stefanie Goldbrich gebracht. Sie hat ein wundervolles Buch geschrieben und setzt sich sehr respektvoll und ganzheitlich für die Sichtbarkeit von Sternenkindern ein. Als ich eine Fotoaktion für Sternenkindergräber initiiert hatte, hat es mich überrascht, warum das Grab für ihren Sohn Dominik recht schlicht war.
Ausgerechnet die Bürokratie sticht das Tabu bei Sternenkindern
Gräber tragen eine so einzigartige Geschichte in sich, wie die Kinder, die in ihnen bestattet wurden und Gräber sind so individuell, wie die Menschen, die sie pflegen.
Gräber tragen eine so einzigartige Geschichte in sich, wie die Kinder, die in ihnen bestattet wurden und Gräber sind so individuell, wie die Menschen, die sie pflegen. Das ist mir bewusst. Trotzdem habe ich Dominiks Mama darauf angesprochen, weil mich Dominiks Grab so überrascht hat.
So erfuhr ich, was mir als Lehrerin für Öffentliches Recht hätte klar sein müssen: Das Tabu rund um das Thema Tod und Sternenkindern in Deutschland, hat gegen die deutsche Bürokratie keine Chance.
Die deutsche Bürokratie nimmt Sternenkinder so ernst, wie alle gleich ernst zu nehmen sind. Die Friedhofssatzung in Stefanies Gemeinde schreibt einen ganz anderen Rahmen vor, als es die Friedhofssatzung Gemeinde für Sternenkinder tut.
Ich gebe es zu, mit “… Bürokratie nimmt Sternenkinder so ernst, …” versuche ich folgendem etwas positives abzugewinnen. Im Gegensatz zu Asien, Afrika der Lateinamerika spricht ‘der Zeitgeist’, sprich die Gesellschaft, die Menschen, das Umfeld, Freund und Familie, in unseren Breitengraden nicht über Sternenkinder.
Oft gibt der Zeitgeist ihnen so gar andere Namen wie Zellhaufen, Fehlgeburt, Unfalltod oder Krankheit, meistens aber gar keinen Namen, weil nicht darüber gesprochen wird. Der Zeitgeist ergibt sich ganz dem Tabu. Das Tabu lässt Betroffene alleine und oft einsam mit dem Thema umgehen.
Und ausgerechnet, wenn es um den Platz geht, das bisschen Raum auf dem Friedhof, dann ist der Zeitgeist mit seiner Bürokratie zur Stelle. Und je nach Gemeinde schämt er sich nicht im mindesten sehr starke Auflagen von den Betroffenen zu verlangen.
Und wie es sich für einen ordentlichen Rechtsstaat gehört, so höre ich oft, dass der Zeitgeist sehr bemüht ist, die Vorschriften zu ehren. Was ich damit meine? Sterneneltern und Mitfühlende werden oft gerügt, wenn ihr Grab zu bunt, zu freudig, zu groß, zu liebevoll, zu detailliert ist, in anderen Worten – zu menschlich, zu trauernd, zu sehr geliebt. Das nimmt sich sehr mit, aber es hilft nichts.
Alle Betroffenen müssen in ihrer Gemeinde oder am Wunschort für das Sternenkindergrab die entsprechende Satzung beachten. Ich habe die von unserem Friedhof nicht gelesen. So sehr ich Bürokratie als Band einer Gesellschaft schätze, so sehr erdrückt es mich bei diesem Thema.
Ich habe mich an das vorhandene Grab angepasst. Das war mir aber nur möglich, weil es voller Liebe war und weil es überhaupt vorhanden war. Beides ist nicht überall der Fall, deshalb bin ich der Krankenhausleitung & Seelsorge Rotkreuzklinikum München, Frauenklinik so unfassbar dankbar.
Wie sieht unser Sternenkindergrab aus?
Das Grab unserer Sternenkindern habe ich in meinem Buch so beschrieben: “Der im Vergleich zu den märchenhaften Herbstbäumen, schmächtigere Apfelbaum, direkt neben dem Grab, ist im Winter kahl. Dadurch zeigen sich die an ihm hängenden Erinnerungsstücke der vielen Angehörigen:
Fäden, Gehäkeltes, Figuren, Kugeln, Schnüre, Lederriemen und Schlüsselanhänger. Das Zusammenspiel erinnert mich jedes Mal an Weihnachtsbäume oder diese Liebesbrücken mit Vorhängeschlössern, doch am meisten ähneln sie fernöstlichen Pilgerstätten mit bunten wehenden Bändern und Fahnen beschrieben mit Wünschen nach Wohlstand, Gesundheit und Glück.
Nicht nur der besondere Baum, auch das ganzjährig von Farbtupfern überzogene Grab, wirkt im Vergleich zum grauweißen matschig braunen Winter noch kräftiger.”
Für mich ist ein Sternenkindergrab wie eine Wimmelbuchseite, ich finde jedes Mal und je länger ich darauf schaue etwas Neues, das mich lächeln lässt.
“Die bunten Grabfarben rühren auch von den vielen Schnittblumen, die ich immer, egal wann ich das Grab besuche, frisch vorfinde. In der Graberde stecken die Blumenvasen inmitten zahlreicher Steine und Gegenstände verschiedenster Formen mit eingravierten Namen, Jahreszahlen und Symbolen. Ich erkenne darauf weltliche, christliche, muslimische und jüdische Zeichen. Natur und Religion liegen hier friedlich durcheinander.”
“Bei jedem Besuch schweife ich mit kreisendem Blick auf dem Grab umher. Zwischen den vielen Steinen sehe ich immer wieder neue Spielzeuge, Windräder, Luftballons und Kerzen. Für mich ist ein Sternenkindergrab wie eine Wimmelbuchseite, ich finde jedes Mal und je länger ich darauf schaute etwas Neues, das mich lächeln lässt.”
Das gilt natürlich nur, wenn der Zeitgeist in seiner entsprechenden Satzung Liebe in Form von Grabschmuck zulässt.
Was ich mit Friedhöfen verbinde
Für mich hat ein Friedhof schon immer etwas beruhigendes und besinnliches. Als wäre dort das ganze Jahr über Weihnachten. Auf einem Friedhof wird das Leben in Liebe mit Raum und Zeit geehrt.
Ich komme vom Land, da ist der Flair ganz heimelig. Dort ist das Familiengrab meiner Eltern und dort liegen die Sternenkindergrabsteine unserer Sternenkinder. Genauso wie im Garten meiner ganz besonderen Freundin, zu Füßchen von Bäumchen für alle unsere Kinder. Und natürlich auch am Familiengrab meines Mannes. Dabei handelt es sich um eine riesige Parkanlage von Friedhof, wie ich sie nur aus Paris kannte.
Ich habe in über 30 Ländern und Städten Friedhöfe besucht, weil ich sie mir auf Reisen schon immer sehr gerne ansehe. Ob Italien, Mexico oder Türkei: Gräber und ganze Friedhöfe erzählen so viele Geschichten.
Unser Sternenkindergrab sind auch die Orte der Sternenkindergrabsteine
Und allen voran Sternenkindergräber. Ob auf großen oder kleinen Friedhöfen. Sie sind so wundervoll angelegt, so liebevoll dekoriert und so tragisch, was ihre Geschichten angeht, die allein die Jahreszahlen offenbaren.
Das Sammelgrab unserer Sternenkinder ist an einem anderen “Parkfriedhof.” Hier war für mich lange der Ort meiner Sternenkinder. Zusätzlich habe die Sternenkindergrabsterne auf Vorrat, falls sie an einem Ort geklaut werden, und natürlich habe ich sie hier in Shenyang an unserem mittelfristigen Wohnort in China.
Es gibt also ein klassisches Sternenkindersammelgrab und 5 bis 6 Orte mit den Sternenkindergrabsteinen. Heute brauche ich keinen Ort davon mehr, weil ich mir der Trauer gewiss bin, der Liebe. Als Gedenkeorte spüre ich dort nach wie vor eine besondere Verbindung zu meinen Sternenkindern. Als Gedenkorte und für Gedenkmomente dienen mir nun auch viele andere Möglichkeiten wie Musik oder Begegnungen.
Schon vor meinen Sternenkindern habe ich Friedhöfe besucht, aber erst seit meiner Sternenkinder achte ich bei jedem Besuch darauf, wo ich überall Sternenkindergeschichten finde. Auf dem Friedhof meiner Heimat habe ich erst seit meiner Sternenkinder entdeckt, dass auf einigen Familiengräbern
Einladung auf weitere Antworten und auch an dich
Meine Erfahrung ist nur eine, deshalb die Blickwinkel-Reihe und Antworten: Selbst wenn sich Betroffene zum gleichen Zeitpunkt, im gleichen Alter, aus dem selben Grund und vielleicht sogar in der gleichen Stadt verabschieden: das Leben, der Umgang mit Sternenkindern, ist so vielseitig, wie es alle Kinder, alle Menschen, sind.
Für die vielen Antworten auf ein und dieselbe Frage zu Sternenkindern möchte ich eine Plattform bieten.
Hier findest du die Antwort von Stefanie Goldbrich. Sie holt rund um das Thema Sternenkindergräber ab, erklärt wie es grundsätzlich zur Entscheidung für ein Sternenkindergrab kommt, wie sie sich gestalten lassen und welchen Einfluss Vorschriften auf Sternenkinder haben. Sie zeigt dort auch Fotos von Dominiks Grab.
Hier findest du die Antwort von Marion Glück. Ganz persönlich, ganz nah, nimmt Marion Glück alle auf den Weg zur Entscheidung mit und zwar zu dem Zeitpunkt, an dem die Entscheidung üblicherweise getroffen wird. Kurz nach dem Abschied des eigenen Kindes. Im Schock.
Die Entscheidung kann immer getroffen werden, aber ich selbst habe gerade in den ersten zwei Jahren nach dem Abschied das Grab unserer Sternenkindern am allermeisten gebraucht. Lass dich von Marion Glück bei den Gedanken und Gefühlen rund um das Thema Sternenkindergrab begleiten.
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Schreibe mir deinen Blickwinkel an: tanja@sternenkinder.org
Danke.