Hast du in deinem Leben bereits schwere Entscheidungen treffen müssen? Beruflich, zwischenmenschlich, für dein Leben? Marion Glück hat dafür eine Methode entwickelt. Sie ist nicht nur Offizierin und Coach, sondern auch Autorin und Verlegerin. Ihre Methode stellt sie in ihrem ersten Buch über Sternenkinder vor:
Ein Interview mit Marion Glück. Geführt von Tanja Wirnitzer.
Um ein Gefühl für Marion Glück zu erhalten, stelle ich ihr am Anfang klassische Fragen aus meinem Unterricht als Lehrerin: Welche Farbe, Musik und Kommunikationsform, welches Tier und welchen Geschmack verbindest du mit:
Sternenkinder
- gold
- Enya
- Fuchs
- Schweigen
- Zuckerwatte
Trauer
- lila
- Stille
- Beileidskarten mit Blumengutschein
- Schwarzer Schwan
- bitter
Liebe
- rot
- Bryan Adams
- triefend schnulzig
- Storch
- sweet
Friedhöfe
- grau
- Ozzy Osbourne
- leise schnulzig
- Maulwurf
- der Geschmack, der nach Omas Mottenkugeln entsteht.
September
- orange
- Smetanas Moldau
- plaudernd mit Lachen wie bei der Ernte oder dem Erntedankfest.
- Reh
- vollmundig
Ich freue mich auf den Deep Talk mit Marion
So leicht der Einstieg, so schwer unser Thema. Es ist das Thema deines Buches und ein Thema, das viele Menschen betrifft: Der Verdacht oder die Diagnose auf eine Behinderung ihres Kindes während der Schwangerschaft. 90 % dieser Eltern verabschieden sich von ihren Kindern aus diesem Grund. Gleichzeitig ist es der Grund, weshalb sie sich in unserer deutschen Gesellschaft nicht darüber sprechen trauen.
Deine Tochter Loreley wäre nicht lebensfähig gewesen. Mit Sicherheit war sie behindert. Ich gehe davon aus, dass eine pränatale Operation nicht möglich war. Bei meinen Kindern war das unklar. Meine erste Tochter hatte den Verdacht auf Trisomie 22 und keine Person konnte sagen wie schwer. Der Verdacht hat sich glücklicherweise nicht bestätigt, aber bei meinem Sohn hat sich der Verdacht auf Trisomie 21 mit Missbilligung bestätigt. Wir haben uns für den Abschied entschieden, obwohl die Intensität der Behinderung unklar war. Hilft dein Buch auch Menschen, bei denen der Grad der Behinderung Beeinträchtigung unklar ist?
Ich möchte einmal korrigieren. Eine pränatale Operation wäre möglich gewesen. Jedoch stand zu 100 % fest, dass sie niemals gesund sein würde. Sie hätte niemals ohne Orthesen laufen können und ihre Blasen- und Darmfunktion wäre auch mit OP immer gestört gewesen.
Schwere Entscheidung mit Methode leicht treffen
Mein erstes Buch über Sternenkinder ist eine Entscheidungshilfe. Eine Methode, sich selbst durch diesen belastenden Prozess zu führen. Die Sortierung und bewusste Wahrnehmung von Ratio und Emotion sind aus meiner Sicht essenziell.
Mein Buch kann jedem Menschen helfen, der in einer schwierigen Situation ist, sei es, weil der Grad der Behinderung unklar ist, weil der Job oder der Lebensmittelpunkt verändert werden will. Es ist ein Führungs- und Entscheidungsprozess, den ich immer anwenden kann. Ich habe bloß ein Scheiß-Praxisbeispiel vom Leben geliefert bekommen und glaub mir, ich hätte lieber über den Gedanken „Auswandern” oder “Scheidung“ geschrieben.
Schwere Entscheidungen gibt es in jedem Lebensalter in jeglichen Lebensbereichen. Wie kann ich dein Buch als Lehrkraft im Unterricht einsetzen. Meine Schulkinder sind zwischen 15 und 35 Jahre alt.
Interessante Frage. Ich denke, wenn der Führungs- und Entscheidungsprozess verstanden wird, dann ist das ein großer Schritt.
Nehmen wir die Situation, dass es sich um eine Person im Abschlussjahr handelt.
Auslöser: Die Eltern fragen: Was willst du nach der Schule machen?
Status Quo herstellen: Schule ist am 20.06. vorbei. Das Kind hat noch keine Ahnung, wie es dann weitergehen soll. Allerdings freuen sich die Eltern, wenn das Kind das Familienunternehmen übernimmt. Doch will es das?
Planung mit integrierter Entscheidungsfindung: Das Kind informiert sich über Ausbildung, Studium, Duales Studium, Unternehmertum. Es wägt ab, was ist vorstellbar, was entspricht meinen Interessen, was sind meine Wünsche im Leben, etc. Anschließend trifft es z.B. die Entscheidung: Ich mache eine kaufmännische Ausbildung, um dann BWL zu studieren, um anschließend das Familienunternehmen zu übernehmen. Vorher will ich aber die Welt sehen und mache ein Jahr Work&Travel.
Umsetzen der Entscheidung: Bewerbungen schreiben, Gespräche führen, Anbieter und Versicherungen für Auslandsjahr organisieren, etc.
Kontrolle und Anpassung: Läuft alles so wie gewünscht? Vielleicht gibt es in dem geplanten Land für Work&Travel Unruhen, etc…
Diese Unruhen sind dann wieder der Auslöser und der Prozess beginnt von vorne.
Sich zusätzlich darüber im Klaren zu sein, dass Emotionen zum Schutz in unserem Basisprogramm mitgeliefert wurden und wir über Gefühle unsere Deutungshoheit haben, ist ein weiterer großer Schritt.
Nehmen wir die Emotion Ekel – gut zu merken mit dem Satz „Da dreht sich mir der Magen um“. Schütz vor Krankheiten und Infektionen. So wird durch den Brechreiz das verdorbene Lebensmittel aus dem Körper gebracht.
Zu verstehen, dass Gefühle ein Hinweis darauf sind, was gerade nicht „seelenkonform“ läuft und herauszufinden, wie was verändert werden könnte, ist ein Schritt zur inneren Freiheit und zeigt, dass wir für unser Glück selbst verantwortlich sind.
Wie können wir für unser Glück selbstverantwortlich sein, wenn wir uns von unseren Kinder verabschieden müssen – egal, ob wir es selbst „entschieden“ haben oder die Natur oder Gott dazu zwingt?
Ja, ich finde schon. Einen Umgang mit meinem Verlust finden, das Kind in die Familie integrieren, einen Ort zum Trauer haben und Momente des Glück im Alltag finden zu wollen, ist eine Entscheidung, die ich bewusst treffen kann.
Hast du Beispiele aus deinem beruflichen Leben, wie sich die Methode in deinem Buch anwenden lässt?
Mit meinen Kund:innen erkunde ich, welche Gefühle in welcher Situation auftreten und warum (Bsp. Mikromanagement als Führungskraft).
Wir werfen einen Blick in die Vergangenheit (im Fall meines Beispiels: als Jugendlicher einen Menschen mit einer Waffe schwer verletzt = Kontrollverlust mit anschließendem Mangel an Selbstvertrauen, woraus auch kein Vertrauen in andere Menschen gegeben war).
Dann erarbeiten wir Strategien zu Bewältigung (im Fall meines Beispiels: Bearbeitung von Schuld und Scham, Vergebung, langsames Erlernen von Delegieren an die Mitarbeitenden).
Die Methode ist hervorragend zur Selbstführung geeignet. Denn so wie ich andere führen kann, so kann ich auch mich, meine Gefühle und mein inneres Team führen. Das braucht Geduld und Training.
Andere Beispiele wären: Angst vor engen Räumen/vor anderen Referieren, keine Motivation, die Post zu öffnen oder Rechnungen zu stellen.
Warum war dir ein Ratgeber anstelle eines Erfahrungsberichtes, einer Autofiktion oder Autobiographie wichtig?
Ich sehe mein Buch nicht als Ratgeber. Das finde ich in dieser Situation auch wenig hilfreich. Menschen sollen aus dem ICH heraus entschieden, denn es geht um ihr Leben. Ich schreibe, was ich gemacht habe oder was ich gemacht hätte, wenn die Situation sich noch anders dargestellt hätte (keine Hilfe aus dem Umfeld, Menschen, die mich zu einer Entscheidung drängen wollen, etc). Ich habe aus der ICH-Perspektive geschrieben, bis zu dem Punkt der Fragen und Schritte zum Vorgehen an die Lesenden. Diese stellen mehr eine Zusammenfassung dar. Die Lesenden können selbst entscheiden, was sie machen. Ich kann mir gut vorstellen, wie kopf- und planlos und überfordert manche Menschen in dieser Situation sind. Wenn nur eine Frau mutig in die Selbstbestimmung geht, sich bewusst entscheidet und nichts bereuen muss, weil sie sich z. B. hat drängen oder überreden lassen, dann freue ich mich.
Und egal, wie die aufgezwungene Entscheidung getroffen wird. Es ist und bleibt auf immer das Kind dieser Eltern und kann einen erheblichen Einfluss, auf das Leben der Eltern und ihr Umfeld haben.
- Ich bin noch dankbarer für meine lebenden Kinder.
- Ich fühle mich reicher/bereichert durch die Erfahrung mit meinem Sternenkind.
- Ich bin bewusster geworden.
- Ich stehe offen zu meiner Spiritualität und spreche darüber.
- Ich fühle mich seitdem als Mama. Die Sternenkinder waren vor meinem lebenden Kind. Auch ohne lebendes Kind hätte ich „Mama werden/sein“ von meiner Bucket List streichen können. (Habe ich auch gemacht.)
- Ich habe mich intensiv mit Trauerarbeit beschäftigt.
- Ich habe wirklich großartige Menschen durch meine Sternenkinder kennengelernt (zum Beispiel dich, liebe Tanja)
- Ich habe eine noch intensivere Verbindung zu meinem Mann.
- Ich habe zwei weitere Bücher in der Buchtherapie geschrieben.
- Ich konnte erkennen, wie wertvoll mein Mentaltraining der letzten 8 Jahre war. Es war, als würde ich bei Olympia antreten und gewinnen.
Ich danke dir von Herzen für deine Methode, das Gespräch und freue mich auf jeden weiteren Austausch mit dir. Du strahlst immer vor positiver Energie, liebe Marion.
Hier gelangst du zu einem weiteren Interview mit Marion Glück: Vater, Mutter, Sternenkind.
Hier gelangst du zu den Blickwinkeln.
Über Obduktion bei Sternenkindern: Ja oder Nein? hat Marion Winkeln ihren auch geteilt. Du findest ihn auf ihrer Seite: Glücksuniversum.de
Danke für das Interview, liebe Tanja.
Danke für dein Engagement für Sterneneltern.
Danke für dein Sein.
DITO meine Liebe!
Ein ganz großes DITO.
<3